Projekt Beschreibung

IM DIALOG

Komponist: Niklas Anczykowski

Pädagogin: Katharina von Held

Noten zum Download

Der Komponist über sein Stück

Der Kontrabass in solistischer Hinsicht stellt nicht nur an die Spieler, sondern auch an den Komponisten einige Herausforderungen. So sind die Miniaturen mit ihrem Charakter einer Entdeckungsreise durch die verschiedenen Klangfacetten des Instruments auch ein Abbild des Kompositionsprozesses selbst, bei dem die Struktur der Stücke nicht von vorneherein feststand. Vielmehr ergaben sich der Aufbau, die Motive, Klangeffekte, etc. erst im Verlauf des Schreibens durch Experimentieren mit unterschiedlichsten Elementen, bis sie eine stimmige Gesamtheit bildeten. Zum Kompositionsprozess gehört darüber hinaus ebenso der Austausch mit den Pädagogen und Interpreten, deren Feedback zu technischen Aspekten etc. Anhaltspunkt für weitere Anpassungen der Musik war. Für die Zielgruppe der Instrumentalschüler an Musikschulen legte ich, anstatt intellektuelle (wie serielle) Konzepte aufzubauen, welche sich allenfalls bei einer genaueren Analyse des Notentextes erfassen lassen, primär den Wert auf eine Musik, die von ihrem unmittelbaren Charakter lebt, welcher sich durch melodische Motive, spielerischen Umgang mit dem Rhythmus, etc. kennzeichnet. Das Kontrabass-Duo stellt hier nicht nur eine einfache musikalische Besetzung dar, sondern wird auch bzgl. des Auftretens und der Interaktion beider Spieler als solches behandelt. Beide reagieren auf den jeweils anderen, führen dessen musikalische Elemente fort, “protestieren” durch den Einwurf eigener Gedanken, entwickeln ein gewisses Eigenleben, um schlussendlich aber doch wieder zusammenzufinden. “Im Spiegel” ist von zahlreichen gegenseitigen Imitationen geprägt, wobei die Stimmen sich trotz vereinzelter eigenständiger Aktionen im Wesentlichen aneinander entlang hangeln. Man weiß nicht genau: Hören sie sich gegenseitig sehr genau zu oder ist der eine einfach nur das (nicht ganz perfekte) Spiegelbild des anderen? In der “Clownerie” kommt dahingegen das Eigenleben der beiden Seiten sehr deutlich zum Tragen: Sobald der eine feststellt, dass er nur die Melodiebegleitung des anderen darstellt, protestiert er mit falschen Tönen. Insgesamt behält das gegenseitige Necken aber einen lockeren, spielerischen Charakter bei und nichts läuft komplett auseinander, der “Dialog” bleibt als übergeordnete Idee also stets bestehen.

Niklas Anczykowski, geboren 1992 in Waiblingen (Großraum Stuttgart), begann seine musikalische Ausbildung 1999 an der Musikschule, wo er Gitarren-, Klavierund Mandolinenunterricht nahm. Die bis 2008 entstandenen Kompositionen waren weitgehend autodidaktisch geprägt.

Seit diesem Jahr sammelte er zunehmende Erfahrung bei Kompositionsworkshops unter der Anleitung von Achim Bornhoeft, Jan Kopp, Martin Christoph Redel u.v.a., seit 2010 auch im Privatunterricht bei Jan Kopp (Stuttgart). 2011 und 2012 war er jeweils Preisträger beim Bundeswettbewerb Komposition der Jeunesses Musicales Deutschland. Von 2012-2017 studierte er Komposition bei Fredrik Schwenk an der HfMT Hamburg, 2016 während eines Austauschsemesters bei Reinhard Karger an der mdw Wien. 2017 schloss er dieses Studium mit dem Bachelor of Music ab.

Am 23.02.2017 erfolgte im Hamburger “Sprechwerk”-Theater die Uraufführung seiner Kammeroper “Die Toten-Farce” unter der musikalischen Leitung von Johannes Zahn nach einem Libretto von Jari Niesner. Darüber hinaus nahm er Artist-in-Residence-Stipendien wahr (2012: Schloss Wiepersorf (Deutschland), 2015: Kražių M. K. Sarbievijaus kultūros centras (Litauen)), dazu realisierte er und realisiert weiterhin Aufträge von externen Projekten (2015: “Neues Zeug”, 2019: “AMALGAM”, “Zukunftsmusik für Kontrabass”).

Die Pädagogin über das Stück

Ein Duo mit dem Namen Spiegel – da fällt einem vieles ein: Wer spiegelt wen? Was wird gespiegelt? Wo passiert etwas Neues?

Der erste Eindruck beim Anspiel mit den Studenten: eine interessante musikalische Skizze. Aber obwohl auf den ersten Blick nicht besonders schwierig (keine hohen Lagen /nur bis 2.Lage, viele Leersaiten, klare Effekte) auch für professionellere Spieler nicht ganz einfach umsetzbar: Handgeschrieben, unklare rhythmische Struktur, anspruchsvolle Flageolette. Fazit: einiges musste vereinfacht oder weggelassen werden.

Mit der vereinfachten und durch Computerausdruck besser lesbare Version haben dann Anton und Emma losgelegt. Schnell wurde klar, wo die Schwierigkeiten liegen: verschiedene Taktarten, keine Melodie, besondere Effekte: das konnte beide gut umsetzen. Manches war aber doch so neu und brauchte viel Konzentration, dass das gemeinsame Timing, die Abwechslung der Motive und die gemeinsamen Effekte schwer umzusetzen waren.

Niklas war sehr flexibel und hat spontan die Notation seines Stückes umgestellt auf grafische Notation. Jetzt gab es kein genaues Metrum mehr, stattdessen große Atemzeichen mit Platz für die eigene Aktionen und Motive.

Trotzdem fiel den Kindern die abstrakte Abfolge schwer. Spontan erzählte ich beim Spielen eine kleine Geschichte. Jetzt ging es nicht mehr nur ums Spiegeln, sondern um zwei kleine Geister, die sich zum Spielen treffen. So konnten die Kinder sich anhand der Geschichte durch das Stück bewegen – an diesem Punkt der Erarbeitung stehen wir gerade.

Von diesem Punkt aus könnte man das Stück mit diesen oder anderen Schülern weiterwachsen lassen: eine eigene Geschichte erfinden, die Effekte neu gruppieren, Motive ausbauen, verändern…

Clownerie.

auch hier ein Duo, in dem sich zwei treffen, in Beziehung treten. Anspruchsvoller, höhere lagen, mehr Effekte, klare Motive mit passender Begleitung, Vertrautes und Fremdes.

Die Frage war, ob der Schwierigkeitsgrad für beide Spieler passend wäre. Niklas steuerte eine Version bei, die zwar das den clownesken Dialog nicht mehr besaß, dafür die 2.Stimme aber von einigen Schwierigkeiten befreite. Da aber 2 fortgeschrittene Schüler bereit waren mitzumachen, konnten wir bei der ersten Version bleiben.

Maike und Emil gingen gewissenhaft vor und mit den Studenten hatten wir ein intensives Coaching beim Erarbeiten. Die Herausforderung lag weniger beim Bewältigen der eigenen Stimme, sondern mehr beim Zusammenspiel, da das Stück ja nicht im vertrauten 4/ 8Takt-Rhythmus, klare Einteilung von Melodie und Begleitpart, vertraute Harmonie etc. bleibt. Einzelne Passagen mussten also in ihrem Zusammen- und Übereinanderkommen genau geprobt werden.

Hut ab vor der Leistung der beiden – um aber noch mehr den gewünschten Effekt des Komponisten herauszuarbeiten, die Geschichte der beiden Clowns die sich ihre Bälle zuwerfen oder sich noch übertreffen wollen, wäre es auch für die älteren Schüler gut, sie durch Ideen und Bilder anzuregen. Damit sie nicht nur richtig gut spielen, sondern eine Geschichte erzählen.

Katharina von Held